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Typo­grafie ist wie Klavier – aus schwarz-weißen Elementen entsteht die Kunst, Herz und Verstand zu berühren.
Michael Bundscherer

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Buchbesprechung

Super-Familien der Schrift

Rudolf Paulus Gorbach
11. September 2012
Slanted, das wilde Magazin für Typo­grafie und Grafik­design, als deutsches Magazin größ­tenteils mit englischen Texten, also ziemlich global. In der Nummer 19 geht es um Familien, oder besser gesagt um Super­fa­milien.

Und man fängt gleich an mit sehr guten Foto­strecken von Familien. Danach werden die Fami­li­en­bilder immer mehr – in einem »harten« Layout – von Schrift­fa­milien einge­nommen. Die Kompo­si­tionen sind manchmal rätselhaft, machen Spaß beim Durch­blättern. Und es gibt sehr witzige Illus­tra­tionen zu Schriftnamen.

Natürlich geht es in diesem Heft auch um große Schrift­fa­milien. Stefan Claudius wirft einen »Schul­terblick« während der Entwicklung einer Groß­familie zu. Dabei erklärt er seinen Weg der Inter­po­lation mit der Software Inter­po­lation. Darüber hinaus versucht er sogar, eine Text­schrift mit dem Italienisch-Charakter zu gestalten. Allerdings bezeichnet er die damit erzeugten Schriften zunächst als Ausgangs­ma­terial, das er dann sorg­fältig bear­beitet.

Spannende Darstel­lungen von Super-Familien (oder Schrift-Sippen) wie Mr. & Mrs. Eaves (Emire) werden gezeigt; Schrift­ge­stalter sprechen über ihr Verständnis von Super­fa­milien und was sie davon als wichtig empfinden. Ganz besonders ist da ein Gespräch mit Andreas Frohloff und Ivo Gabro­witsch zu erwähnen, in dem über Begriffe wie Super-Familien, Dynastien und Groß­fa­milien philo­so­phiert wird. Und immer wieder kommt der Aspekt der Lesbarkeit und die Grenzen des Ausbaus einer Groß­familie zur Sprache. Der unter­schiedliche Begriff für Strich­stärken schafft nicht gerade Klarheit. Dass viele Gestalter heute ihre eigenen Schriften machen, findet Gabro­witsch super, da es durch diese »Demo­kra­ti­sierung« viele richtig gute Schriften gibt.

Julia Kahl spricht mit Albert Jan Pool über die DIN-Schriften. Überall gibt es inter­essante Meinungen, Gestal­tungs­er­fah­rungen und Aspekte der Zukunft. Pool erläutert beispielsweise die versteckten Verwandt­schaften zwischen Schriften, die nur wenige kennen. Er könnte sich sogar eine DIN-Serie vorstellen, aber eine Garamond Sans eher nicht. Der Erfolg der Super­fa­milien scheint auch an Bedürf­nissen des Corporate Designs gebunden zu sein. Offen und fair spricht Pool über seine Erachtens miss­lungene Schrift­fa­milien wie die Rotis oder die Compatil und auch die DIN-Konkur­renten werden betrachtet.

Ein gut infor­mie­rendes und unter­hal­tendes Heft. Die Grafik auf dem Cover macht neugierig, zudem sie von Indra Kupfer­schmied stammt, bleibt aber etwas rätselhaft.

Slanted Magazine 19
Super Families
162 Seiten
Magma Brand, Karlsruhe 2012
ISSN 1867–6510
14 Euro
www.slanted.de/product/slanted-19-super-families

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